Blühwiesen anlegen – aber richtig!

Bei der Gestaltung von bienenfreundlichen Blühwiesen ist auf einige Aspekte zu achten. Die nachfolgend geäußerten Hinweise entstammen eigener Erfahrungen (z.B. aus dem Projekt „Blumiges Melle“), diverser Gespräche mit verschiedenen Naturschutzgruppen, Saatgutherstellern und einer Veranstaltung der Bingo! Umweltstiftung Niedersachsen („Anlage von artenreichen Wildblumenwiesen“ am 17.1.2018 in Hannover):

Wildblumenwiese im Jahr der Ansaat. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für einen ersten "Schröpfschnitt", um die unerwünschten Unkräuter zurückzudrängen. (Foto: Birgit Helbig)

Wichtige Informationsquellen

Sehr interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Folien von Dr. Otto Boecking (LAVES). Sein Vortrag auf der Veranstaltung der Bingo! Umweltstiftung Niedersachsen kann hier eingesehen werden. Die Folien informieren z. B. darüber, dass artenreiche Wildblumenwiesen für Honigbienen eher „uninteressant“ sind, während diese für z. B. Wildbienen eine hohe, wichtige Bedeutung genießen. Außerordentlich empfehlenswert sind außerdem die Präsentationsfolien der Firma Rieger-Hofmann.


"Artenreiche Blumenwiesen sind für Wildbienen wesentlich interessanter, als für Honigbienen."


Verwendung von regionalem Saatgut

 

  • Verwende auf jeden Fall regionales Saatgut (das kannst Du z.B. bei der Rieger Hofmann GmbH erwerben). Dieses ist wichtig, weil Pflanzen oftmals besser wachsen (und somit auch mehr Pollen und Nektar anbieten), wenn sie an die jeweilige Region angepasst sind. Wissenschaftliche Untersuchungen haben sogar genetische Unterschiede zwischen Pflanzen ein und derselben Art festgestellt, wenn diese in unterschiedlichen Regionen wuchsen. Saatgut aus „ortsfremden“ Gefilden „verliert“ in der Regel im Wachstum gegen regionales Saatgut. Interessant ist: Viele regionale Pflanzen liefern bis zu 10% mehr Biomasse (und zehn Prozent mehr Blütenstände) als Artgenossen, die aus anderen Gegenden stammten. Deshalb ist es wichtig, regionale Genotypen unbedingt zu erhalten (vgl. dazu die Studien von Durka et al. 2016 sowie Bucharova et al. (2016)). Und natürlich ist zu beachten: Eine Insektenart, welche sich an einem bestimmten Standort befindet, ist in seiner Nahrungsaufnahme natürlich auch an regionale Artenvielfalt gebunden.

"Regionales Saatgut ist widerstandsfähiger und bringt bis zu 10% mehr Biomasse hervor, also mehr Nektar und Pollen."


Die Einsaat

  • Häufig wird im März oder April eingesät (je nach Saatgut). Im Jahr 2017 hatten wir allerdings einen wetterbedingten Extremfall in Niedersachsen (einige sehr warme Tage im März, danach einen mehrtätigen Frosteinbruch), welcher zum Absterben diverser Keimlinge führte. Auf der „sichereren Seite“ ist man wohl, wenn die Ansaat erst im April oder bereits im Spätsommer des Vorjahres ab Ende August / Anfang September durchgeführt wird (unserer Meinung nach). Durch eine Ansaat im Spätsommer können sich einige Pflanzen noch so weit entwickeln, dass sie den Winter in der Regel gut überstehen und im nächsten Jahr zur Blüte kommen. Die „Bedienungsanleitung“ des Saatgutes ist unbedingt zu beachten. In der Regel ist es wichtig, den Boden erst einmal ordentlich zu fräsen und von Grasbüscheln/Grassoden zu befreien (Bereitung eines sauberen Saatgutbettes). Erst danach wird das Saatgut ausgesät. Anschließend ist dieses mit einer Walze zu festigen bzw. eine Bodenhaftung zu arrangieren (eine Anwalzung ist extrem wichtig!!). Diese Art der Aussaat wird auch von den großen Saatgutherstellen unbedingt empfohlen. Siehe dazu auch diese Ratschläge.

  • Möglichst nährstoffarme Verhältnisse sind für Blühwiesen wichtig. Dieses erreicht man durch:
    – Kontinuierliches Abtragen von Mahdgut (Extensivierung)
    – Auf ehemaligen Ackerflächen durch Einsaat im Spätsommer nach der Getreideernte,
    – Abtragungs des nährstoffreichen Oberbodens
    – sandige Böden mit geringer Humusauflage evtl. tief pflügen, um den Sand nach oben zu bringen.
  • In der „Bedienungsanleitung“ des Saatgutes steht, wie viel Gramm/m² auszusäen sind. In der Regel ist „weniger mehr“, oft reichen schon 2 g/m². Das bedeutet je nach Saatgut: 1.000 – 4.000 Samenkörnern/m². Ein „mehr“ an Saatgut wurde zu einem hohen Konkurrenzdruck der Wildblumen führen.
  • Eine „gute“ Blühwiese sollte mindestens 20, besser aber 40-50 unterschiedliche Arten aufweisen. Wichtig ist auch, dass Arten so aufgeteilt sind, dass während der gesamten Blühperiode etwas wächst (also niemals die gesamte Fläche auf einmal mähen). Natürlich ist mehrjähriges Saatgut einjährigem Saatgut vorzuziehen.
  • Nicht jedes Saatgut wächst auf jedem Boden. Lasse Dich diesbezüglich am Besten von den Saatgutfirmen beraten.
    – Vorzugsweise sollte vor beginnender feuchter Witterung (im Spätsommer oder Frühjahr) gesät werden
    – Saatgut immer mit Sand, Sägemehl oder einem ähnlichen Füllstoff strecken, damit wird eine gleichmäßige Ausbringung der leichten Samen garantiert.
    – Saatgut muss obenauf gesät werden und darf nicht eingearbeitet werden.
    – Ein Anwalzen ist unbedingt notwendig.
    – Bei schwierigen Standort- und Ansaatbedingungen wie starker Sonneneinstrahlung, Trockenheit, Erosionsgefahr, Kahlfrösten oder Vogelfraß ist es empfehlenswert, die angesäte Fläche dünn mit Strohhäcksel abzudecken.
  • Habe Geduld, es dauert oftmals einige (manchmal etliche) Wochen, bis erste Resultate sichtbar sind.

„Eine Blühwiese sollte mindestens 20, besser 40 bis 50 unterschiedliche Pflanzen aufweisen."


Die Mahd

  • Gute Blühwiesen müssen (!!) gemäht werden (oft 2mal im Jahr, selten auch 3mal). Das Mahdgut ist abzutragen. Erst durch das Mähen kann die Artenvielfalt erhalten bleiben. Je nährstoffärmer eine Wiese ist, desto besser ist dieses für Wildblumen. Bei Blühwiesen ist eine zwei- bis dreimalige Mahd im Jahr zu empfehlen. Es ist darauf zu achten (SEHR wichtig!), dass nicht gleich die gesamte Fläche gemäht wird, sondern immer nur Teile davon (so bleibt die Pollen- und Nektarversorgung für Insekten erhalten). Zu empfehlen ist aber auch, dass einzelne Ecken/Streifen garnicht gemäht werden. Diverse Wildbienen z.B. nisten in Pflanzenstängeln. Dieses geschieht jedoch in der Regel erst ab dem 2. Jahr, wenn Stängel genügend verholzt und brüchig sind.

  • Ein guter Zeitpunkt für die erste Mahd ist der Juni/Juli. Dieses kann irritierend wirken, da dann viele Blumen in voller Blüte stehen. Durch die Mahd allerdings wird oftmals erreicht, dass diese Fläche auch im Herbst wieder blüht. Der Zeitpunkt für eine Mahd im Herbst ist auch ein wenig eine „Glaubensfrage“. Vogelliebhaber werden diese sicherlich erst ausführen, wenn alle Sonnenblumenkerne den Vögeln als Futter genutzt haben. Andererseits kann dieser Zeitpunkt für eine „gute“ Blühwiese im Folgejahr schon etwas zu spät sein. Der Grund: Das im Herbst ausfallende Saatgut fällt auf eine sehr dichte Bewuchsfläche und berührt zuweilen kaum den Boden. Es wird dann von Kleintieren gefressen oder verschimmelt aufgrund hoher Feuchtigkeit und nicht vorhandenen Bodenkontaktes.

  • Sehr interessant ist diese „Zeitpunkt-Graphik“ von Rieger-Hofmann.

  • Du benötigst nicht unbedingt schwere Landwirtschaftsmaschinen für eine Anlage/Mahd von Blühwiesen. Wir haben gute Erfahrungen mit motorisierten Einachsern (mit Fräse und Balkenmäher) gemacht. Es gibt hier verschiedene Anbieter. Recht gut hat es im Rahmen von „Blumiges Melle“ mit dem Set der Firma „Güde“ geklappt. Natürlich lassen sich solche Geräte auch leihen. „Leichte Maschinen“ sind aus ökologischen Gründen sogar ein Vorteil (Link).

  • Eine Beweidung/Mahd mit/durch Tiere/n ist problemlos möglich. Allerdings ist darauf zu achten, dass Wiesen „abgeäppelt“ werden (bei Pferden) bzw. Schafe/Ziegen abends in den Stall kommen (da deren „Hinterlassenschaften“ einer Extensivierung im Wege stehen würden).

  • Subjektive Erfahrung von hier: Mähen wie früher (mit einer Sense) und abharken macht jede Menge Spaß (dauert natürlich auch deutlich länger). Gut für den Körper und Geist, und auch für viele Kleintiere, welche bei einem Tellermäher leider deutlich schneller „unters Messer“ geraten können.

Glatthafer-Fettwiese (Foto: Birgit Helbig)

  • Akzeptiere, dass „Natur“ nicht planbar ist. Du wirst bei der Anlage von Blühwiesen immer wieder Überraschungen erleben (abhängig vom Niederschlag, Verschattung, Boden etc.). Kein Grund sich zu ärgern, im Gegenteil, es ist schön, dass man manches auch einfach mal geschehen lassen darf.
  • Einheimische Wildpflanzen bieten in der Regel deutlich mehr Pollen/Nektar an, als klassische Zierpflanzen. Pflanzen mit gefüllten/geschlossenen Blüten haben kaum einen Mehrwert, die Insekten gelangen nicht zur Nahrung.
  • Zwar in der Regel nicht auf Blühwiesen, aber dennoch sehr wichtig: Manchmal sind es gerade bei vielen Menschen unbeliebte Pflanzen, die einen hohen Mehrwert bringen. Verschiedene Brennnesselarten können sehr hilfreich sein. Bei den Schmetterlingen profitieren der Admiral (Vanessa atalanta), der Kleine Fuchs (Aglais urticae), das Tagpfauenauge (Aglais io) und Landkärtchen (Araschnia levana) davon. Auch Disteln sind wichtige Nahrungsquellen (z.B. für den Stieglitz) (vgl Viering 2017).
  • KEINE Chemie im Garten oder auf den Blühflächen einsetzen.

Hier geht's zum Original-Link mit einigen Kurzfilmen zur Blühwiesengestaltung und zu den Auswirkungen von Blühwiesen: Originalartikel ansehen (www.blumiger-lkos.de)


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