von Natasha

Was ist das nur für ein Phänomen, dass man immer wieder über Neophyten diskutieren muss? Was ist ein Neophyt und wann spricht man von invasiv?
Nun, Neophyten sind klar definiert. Alles, was nach 1492 den angestammten Raum verließ, ist ein Neophyt. Alles davor ein Archäophyt. Archäophyten sind letztlich auch Kulturfolger. Beispielsweise brachten die Römer bei der Ausbreitung ihres Reiches vieles mit. Färber- und Arzneipflanzen sind da ein gutes Beispiel.
Allerdings kamen aus der Neuen Welt viele Pflanzen zu uns, die unser Leben bereichern. Vor allem aber unseren Speiseplan. Kürbis, Tomaten, Kartoffeln, Mais und zahlreiche Hülsenfrüchte stammen ursprünglich von anderen Kontinenten. Ohne diese Neophyten sähen unsere Teller ganz anders aus. Allerdings finde ich es tatsächlich äußerst lästig, teilweise sogar echt kindisch, bei jeder Diskussion über invasive Neophyten immer wieder mit dem „aber das sind doch auch Neophyten“-Whataboutism anzufangen.
Invasive Neophyten sind ziemlich klar definiert. Es handelt sich um gebietsfremde Pflanzen, die sich zu einem Problem entwickelt haben, weil sie sich unkontrolliert in der freien Natur ausgebreitet habe und die heimische, im Gebiet angestammte Vegetation verdrängen.
Es gibt die sogenannte Schwarze Liste, die solche Arten führt. Eine graue Liste, auf welcher Arten stehen, deren Potential erkannt wurde, die aber noch nicht so sehr verbreitet sind. Eigentlich gibt es da nichts zu diskutieren.

Mit Sorge betrachte ich bei uns in der Umgebung die zunehmende Verbreitung der kanadischen Goldrute (Bild links). Sie wächst in Baugebieten und entlang von Bundesstraßen, wo sonst Johanniskraut, Mohn und andere heimische Pflanzen ihre Nischen hatten. Auch Lupinen sehe ich immer mehr. Sie reichern den Boden leider auch noch mit Stickstoff an. Magerstandorte werden damit noch seltener. An anderen Flecken sehe ich drüsiges Springkraut und komme ins Zweifeln. – Weiß der Mensch, was er da anrichtet?
Bei uns stehen Wegwarte, Johanniskraut, Mohn, Wilde Möhre und Kamille noch hier und da. Es gibt sie noch. Die Flächen, die aussehen wie in alter Zeit. Nur dazwischen stehen eben immer häufiger Neophyten der grauen und schwarzen Liste. Jährlich prägen sie das Bild mehr. Das macht mir Bauchweh.
Nun ist es leider so, dass der vielerorts beliebte Flieder sich bei den invasiven Neophyten einreihen darf. Das betrifft sowohl Buddleja davidii (Schmetterlingsflieder) als auch Syringa vulgaris (Gemeiner Flieder).
Die Diskussionen nehmen häufig den immer gleichen Verlauf. Man könnte dir immer gleichen Antworten in einem Dokument anlegen und bei Bedarf kopieren und einfügen.
Wessen Herz daran hängt, der muss verhindern, dass sich die Pflanze aussamt. Es gibt Pflanzen mit mehr ökologischem Mehrwert für unsere heimische Fauna. Schmetterlinge brauchen zum Teil bestimmtes Raupenfutter, Wildbienen bestimmte Blüten und Vögel setzen sich auch auf andere Sträucher.
Gelegentlich sind die Diskussionen aufgeladen. Der eine hängt emotional wegen Kindheitserinnerungen an der Pflanze, der andere ist genervt vom Wiederkäuen, der nächste stichelt rein mit „aber XY ist auch ein Neophyt“ und dann kommt „was ist heimisch?“, „was ist ein Neophyt?“ usw.
Es wiederholt sich – immer wieder.
Währenddessen sehe ich wie ich bereits erwähnte, wie Neophyten die heimische Flora verdrängen, weil sich keiner darum kümmert und kümmern kann. Sind sie erstmal draußen aus den Gärten in der freien Natur, geht der Kampf um die Vorherrschaft los auf den wenigen freien Flächen, die sich einst an Vielfalt erfreuten, weil sie wild und weitgehend unberührt waren.
Meiner Meinung nach muss ich mir ausländische Pflanzen nicht in den Garten holen. Das, was andere reichlich im Garten haben, ist auch in meinem Garten nichts besonderes. Und schon gleich nicht empfehle ich zu pflanzen, was auf einer Liste als invasiver Neophyt geführt wird. Und noch etwas: Hat schon mal jemand wilde Tomaten außerhalb von Hausgärten gesehen? Ich persönlich nicht. Zum Glück.
Ich bevorzuge Vielfalt, Schönheit und Nutzen in meinem Garten und möchte keinen Einheitsbrei. Neophyten wäge ich ab. Nach ihrem Nutzen und ihrer Invasivität. Besonders außerhalb der Ertragszone. In meiner Hotspot-Zone ist Platz für einheimische, nützliche und wunderschöne Blumen und Kräuter, die es zunehmend schwer haben bei uns zu überleben und unsere einheimischen Schmetterlinge, Wildbienen und deren Nachkommen mit nötigem Futter zu versorgen.
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