Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beschäftige mich mit Ihrem Verband nun seit einiger Zeit und unterstütze das Volksbegehren Artenvielfalt. Ich möchte Ihnen ein paar Zeilen meiner Gedanken dazu mitteilen und hoffe, es stößt auf offene Ohren.
Ich habe eben die “Ackerbaustrategie” auf Ihrer Webseite gelesen. Bereits im dritten Satz verstehe ich nicht, wie Hocheffizienz, Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit zusammen gehen sollen. Jeder Mensch weiss – oder ahnt es langsam, dass in einem System, das auf Hochleistung getrimmt wird und in dem es stets um die Steigerung von Erträgen geht, der Mensch und die Natur irgendwann auf der Strecke bleiben müssen. Ab einem bestimmten Grad, der hier in Deutschland bereits überschritten ist, ist eine Leistungssteigerung nur noch mittels Ausbeutung zu erreichen. Am Ende dieser Kausalkette steht der Zusammenbruch des ökologischen Systems und damit unser aller Lebensgrundlage.
Dieser Tage gehen nun deshalb hunderttausende Menschen in die Rathäuser und unterzeichnen ein Volksbegehren von dem sie hoffen, dass die Politik die Bauern unterstützt, damit sie nicht weiter auf ihre eigenen Kosten und auf Kosten der Natur, die Lebensgrundlage aller Menschen ist, arbeiten müssen. Bauern werden für Naturschutz heute nicht belohnt – sie müssen sich dafür rechtfertigen und werden zum Teil ausgelacht und verspottet von Kollegen! Schlimmer noch, manche fürchten sogar um ihre Existenz, wenn sie keine Ausbeutung betreiben!
Wir hoffen alle, dass die Politik erkennt und Maßnahmen ergreift, sodass Lebensmittel nicht unter einem bestimmten Mindestpreis erzeugt und gehandelt werden dürfen. Wir befürchten, dass Großkonzerne wie Bayer zum Eigennutz und auf Kosten aller Menschen unsere ökologische Basis zerstören. Ja, Bayer hat Monsanto gekauft und nun muss sich die Zerstörung der Natur durch deren Chemie rechnen! Doch die Bevölkerung möchte dabei nicht mitmachen!
Der Bauernverband, dessen Existenzberechtigung es ist, die Bauern und zwar alle Bauern, nicht nur die größten, zu vertreten und zu unterstützen, sollte sich seiner Verantwortung bewusst werden und das Volksbegehren stützen. Stattdessen fängt er nun an, es zu blockieren. Das schockiert mich!
Das Wort “Nachhaltig” kommt in Ihrer Ackerbaustrategie vielfach vor – ja und wo wird diese Nachhaltigkeit gelebt? Wo kann sie gelebt werden, wenn sich die Landwirtschaft der freien Marktwirtschaft, Börsenspekulationen, Welthandelskonzernen und Chemiekonzernen unterwirft?
Anstelle gegen Lobbyismus der Großkonzerne zu wettern, stellt sich der Bauernverband – nach meinem Empfinden – sehenden Auges auf die Seite der "global player", die die Bauern am liebsten abschaffen würden, wenn ein ferngesteuerter Traktor die Arbeit günstiger und noch hocheffizienter erledigen kann, als ein Mensch.
Gerade die Bauern, die sich tagein tagaus mit der Natur beschäftigen sollten über ökologische Zusammenhänge Bescheid wissen, etwa, dass eine Wiese, die aufgedüngt und bis zu 7! mal im Jahr gemäht wird, keine Nahrungsquelle für Insekten mehr sein kann, keinen Schutz für Wild und Vögel bieten kann. Und kein Bauer würde seine Lebensgrundlage durch Ausbeutung zerstören, würde er nicht durch ein perverses System dazu gezwungen werden. Sie sind angetreten, die Bauern zu unterstützen. Dazu braucht es eine langfristige Sicht und kein kurzfristiges Profitstreben. Ich bitte Sie daher, werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht und unterstützen auch Sie das Volksbegehren.
Vielen Dank und herzliche Grüße,
David Seifert
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Ninja Winter (Freitag, 01 Februar 2019 16:19)
Danke David, wunderbar geschrieben und gezeigt, wie wichtig das Miteinander ist. Und wie unwichtig das höher, weiter, schneller.
Corinna Hölzer (Sonntag, 03 Februar 2019 00:34)
Lieber Bauernverband,
auch wir von der Initiative "Deutschland summt! Wir tun was für Bienen" möchten die Ausführungen von David Seifert unterstützen und bitten Sie dringendst, den momentanen "wind of change" für Ihre eigene Runderneuerung zu NUTZEN. Wir empfangen Sie mit offenen Armen!
Sie werden erkennen, wie gut es Ihren Mitgliedern gehen wird, wenn sie sich MIT vielen Engagierten gemeinsam FÜR eine verantwortungsvolle und schöne(re) Weise der Nahrungsmittelproduktion einsetzen werden. Nur MUT... ergreifen Sie die Hand von David und von uns allen. Wir würden uns sehr freuen.
In der Hoffnung auf viele weitere Co-Unterzeichner dieses offenen Briefes verbleibe ich
Dr. Corinna Hölzer, Stiftung für Mensch und Umwelt
Heidi Terpoorten (Montag, 04 Februar 2019 07:52)
Herzlichen Dank David,
Du sprichst mir mit deinem Beitrag aus der Seele.
Mit hortanen Grüßen
Heidi Terpoorten
Goger (Montag, 04 Februar 2019 08:57)
Monokulturen- Fabrik Bauernhof-
Gift
Gottseidank nicht alle Bauern.
Petra Hien (Montag, 04 Februar 2019 09:22)
Der offene Brief von David findet meine vollste Zustimmung. Bleibt abzuwarten, was der BBV damit macht. Mit auf den Weg möchte ich noch den treffenden Satz : " Wer sich nicht ändert wird verändert" geben.
Simone Winkler (Montag, 04 Februar 2019 12:13)
sehr treffend geschrieben - wir unterstützen das Volksbegehren und hoffen sehr, dass endlich ein Ruck durch die Gesellschaft geht, es gibt nur diesen einen Planeten...
Robert Hirmer (Montag, 04 Februar 2019 20:37)
Weiter so, David! Ich kann die Sorgen so mancher Landwirte verstehen - aber ohne den längst überfälligen, grundlegenden Systemwechsel sehe ich eine alles andere als rosige Zukunft - harmlos ausgedrückt...
Roswitha Ott (Dienstag, 05 Februar 2019 19:34)
Auch ich kann den Beitrag nur aus vollstem Herzen unterstützen. Unser aller Dasein ist bedroht und es beginnt mit dem Aussterben von Flora und Fauna....