Wir bauen uns einen Netto!

Langform des Leserbrief "Pörnbach bekommt einen Supermarkt"

 

Vorwort: Dieser Leserbrief soll zum Umdenken anregen – gerade auch die Verantwortlichen in Gemeinden, die einen ähnlichen Weg gehen. Als ich kürzlich in Südtirol war, lernte ich viele Initiativen kennen, welche die lokale Wirtschaft nachhaltig stärken. So werden bei Kiens in Südtirol (Italien) mit der Initiative R30 etwa Hotels und Gaststätten gekennzeichnet, welche ihre Lebensmittel ausschließlich aus nicht weiter als 30 km entfernt liegenden Erzeugerstätten beziehen. Von (Berg-)Bauernhöfen, Metzgereien, Käsereien, usw. Eine andere Initiative bei der man sich freiwillig verpflichten kann, seine Lebensmittel zu 75% regional zu beziehen und die für ihre Mitglieder wirbt, verfolgt ebenfalls das Ziel der Stärkung der lokalen Wirtschaft. Erst durch solche Initiativen kann die Abwärtsspirale einer ausblutenden und verarmenden Landbevölkerung nachhaltig gelöst werden. Erst so finden Menschen in Ihrer Nähe sinnstiftende Arbeit und Bauernhöfe sowie Traditionen werden gestärkt. Zudem sind diese Maßnahmen der lokalen Wertschöpfung in geschlossenen Kreisläufen – je nach Erzeugungsform (Öko / Bio / konventionell) – ein Weg um Artenvielfalt zu stärken und zu erhalten. Der CO2-Ausstoß wird durch kurze Transportwege minimiert. Diese Art des Lebens schließt Gewerbegebiete nicht aus. Jedoch schließt sie Billigketten, Discounter und ähnliche Ausbeuterische Unternehmen aus. So wurde beispielsweise von der lokalen Bevölkerung kürzlich erst der Bau eines McDonald's verhindert. Kleine, lokale Märkte und Direktvermarktung wird großen Supermärkten vorgezogen. Anders läuft es bei mir in Pörnbach derzeit –  doch lest selbst:

 

 

Leserbrief: Als ich Schulkind war, da gab es an unserer Schule in Pörnbach die sog. "Arbeitsgemeinschaft Storch", kurz AG Storch. Unser Lehrer, Herr Marth, ermöglichte uns vom Fenster des Klassenzimmers aus, die Jungen der Störche anzusehen. Dazu hatten wir ein professionelles Fernrohr im Klassenzimmer stehen. Hach war das spannend und eine echte Freude! Es wurde genau Buch geführt, wie viele Junge im Storchenhorst in jedem Jahr schlüpften und überlebten.

 

Einmal in der Woche, am Nachmittag, fuhren wir mit Herrn Prof. Dr. Leppelsack mit dem Fahrrad entlang der Pörnbacher Feuchtwiesen und beobachteten die Störche bei der Futtersuche. Auch das war Teil der AG Storch. Es waren immer Kiebitze zu sehen. Die fanden wir Kinder aber recht fad, waren sie doch stets da und wollten wir doch den Storch viel lieber sehen, der sich nicht so häufig zeigte, wie die Kiebitze mit den schwarz-weißen Köpfchen. Herr Leppelsack mit seinem geschulten Ohr konnte alle Vögel erkennen. Wachteln hörte man und ab und zu auch eine Grauammer.

 

"Das war ne schöne Ecke", schwärmt Herr Leppelsack, wenn man mit ihm über dieser Zeit spricht. Heute bin ich 34 Jahre alt. Die AG Storch gibt es nicht mehr. Der Natur bin ich trotzdem treu geblieben, mit einigen Auszeiten – zugegeben. Jetzt bin ich seit einem Jahr Vorstand im BUND Naturschutz der Ortsgruppe Pörnbach, Reichertshofen, Baar-Ebenhausen. Herr Leppelsack nannte unsere Tätigkeit einmal “Reste verwalten”, nicht “Natur schützen”, in Anspielung darauf, dass intakte Natur kaum noch zu finden sei. Und in der Tat ist dies heute sogar in einer sehr kurzen Zeitspanne von nur knapp 25 Jahren sogar für mich zu beobachten.

 

Kiebitze sieht man heute auf den noch verbliebenen Wiesen und Äckern hinter Pörnbach keine mehr, dort, wo wir einst geradelt sind. Die letzten Grauammern sind verschwunden. Wachteln hört man auch keine mehr. Der große Brachvogel, der damals noch anzutreffen war, als wir Kinder waren, auch er ist weg.

 

Viele Menschen erschreckt das nicht. Es sei eben der Lauf der Zeit oder sie haben es nicht einmal bemerkt. Als Naturschützer der heute nicht mehr Natur schützt, sondern aktiv dafür sorgt, dass Natur wieder entstehen kann, weiss ich, dass es nicht der Lauf der Zeit ist. Es ist die Unwissenheit der Menschen über die Auswirkungen ihres Handelns, die dafür verantwortlich ist.

 

Dabei ist niemandem ein Vorwurf zu machen. Viele wissen es einfach nicht besser. Ich selbst konnte erst beginnen Dinge anders zu betrachten, als ich Zusammenhänge erkannte. Zusammenhänge zwischen Natur und Mensch – im Negativen wie im Positiven.

Nun könnte man sagen: "Nun ja, wer, hat denn was von Natur? Wohl nur ein paar Romantiker und Naturschützer!?" Doch wenn man Umfragen Glauben schenken mag, so fühlen wir uns in der Natur am wohlsten. Die meisten Menschen sind gerne in der Natur, in ihrer Freizeit. Dazu müssen sie immer weiter reisen. Die Natur, die wir direkt vor unserer Haustüre haben könnten, sie fällt Flurbereinigung, intensiver werdender Landwirtschaft und zuletzt der Bebauung zum Opfer. Und doch wird kaum jemand widersprechen: Wir brauchen intakte Ökosysteme, um zu überleben.

 

Wir befinden uns inmitten des sechsten großen Artensterbens. Das haben viele Menschen begriffen und sie möchten etwas dagegen tun. 1,8 Mio. Menschen in Bayern haben vor etwa einem Jahr das “Volksbegehren Artenvielfalt” unterzeichnet. Sehr vielen Menschen ist also bewusst, dass wir so nicht weiter machen können, wie bisher. Dies bestätigen uns auch Experten.

Die wichtigsten Forderungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen und des Wissenschaftlichen Beirats für Biodiversität und genetische Ressourcen sind: 

  • Wir müssen die Agrarförderung an ökologischen Belangen ausrichten
  • Wir müssen vielfältige Landschaftsstrukturen fördern
  • Wir brauchen weniger Pflanzenschutzmittel und Nährstoffeinträge
  • Wir müssen die bestehenden Schutzgebiete stärken
  • Wir müssen die künstliche Beleuchtung verringern
  • Wir müssen den Flächenverbrauch reduzieren

Man möchte meinen, wenn alles so klar ist, ist es Zeit, umzusteuern. Oder?

 

So lange, bis es heißt: Geld muss in die Kasse! Die Schule muss saniert werden, andere Bauprojekte finanziert. Daher ist dort, wo der Storch früher mit seinen Jungen zuerst hinflog, um Nahrung zu suchen, seit kurzem ein Gewerbegebiet. Die ersten Firmenbauten stehen bereits. Weitere beginnen gerade ihre Hallen aufzustellen. 

 

Gegenüber dieser einst sehr wertvollen Wiese für das Wahrzeichen Pörnbachs, den Storch, die heute wertlos geworden ist, liegt ein Acker. Der Acker war einmal ein Niedermoor. Jeder weiss, dass trockengelegte Moore CO2-Schleudern sind.

Man hätte nun also diesen Lebensraum zurück bringen können. Das Moor wieder vernässen, die Wiese belassen. Dann würden wir uns in die richtige Richtung bewegen. In die Richtung einer enkeltauglichen Zukunft, der Zukunft, für die so viele unterschrieben haben. Oder man hätte den Acker zumindest zur Gewinnung von Lebensmitteln nutzen können.

 

Die Wiese, die heute Gewerbegebiet ist, sie hätte also Lebensraum bestehen bleiben können. Um das ohnehin bereits zu 60% zerstörte Ökosystem zu stärken, hätte sie eigentlich bleiben müssen. Man kann eine Fläche nämlich immer nur für eine Sache nutzen – man wähle also weise, wofür. Gerade in der heutigen Zeit gibt es eigentlich nur eine sinnvolle Alternative.

 

Ja klar, man hätte dann eine andere Möglichkeit der Finanzierung der Schule finden müssen. Auch die Finanzierung der Sanierung der Kläranlage hätte anders geschultert werden müssen. Alles das kostet nämlich Geld und ist notwendig. Vielleicht hätte man noch einen Moment länger über Alternativen nachdenken sollen. Vielleicht aus der Brauerei, die heute außer Betrieb ist, etwas machen sollen, was wieder Geld in die Kasse bringt? Vielleicht wären aber auch nur eine andere Art der Nutzung der Flächen des Gewerbegebiets und ein deutlich kleineres Gebiet eine gute Idee gewesen? Weniger Fläche für vernünftigere, nützlichere Einrichtungen.

 

Spricht man in diesem Zusammenhang über eine Post-Wachstums-Ökonomie, die wir erreichen müssen, wenn wir eine Zukunft haben möchten, dann hört einem schnell keiner mehr zu. Geht es doch um Verzicht, um Reduktion, um einen neuen Lebensstil, mit Rücksicht auf die Natur und das Wirtschaften in geschlossenen Kreisläufen. Das ist man nicht gewöhnt, das kann man sich nicht vorstellen. Noch nicht.

 

Doch so frage ich mich, wo bauen wir denn Lebensmittel an, wenn wir Äcker bebauen? Wie sichern wir eine Nahversorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel, was zunehmend wichtiger wird, wenn Gütertransporte zugunsten der CO2-Bilanz eingespart werden sollen?

 

Wir setzen nach wie vor auf externe Versorgung und Wachstum. Eigentlich dürfte die Bebauung zusätzlicher, freier Flächen heute gar nicht mehr zulässig sein.

 

Der Gemeinderat jubelt also und lobt das neue Gewerbegebiet und den neuen Supermarkt der auf dem Acker, der einst ein Moor war, in Kürze entstehen soll. Ein Netto-Marken-Discount. Der Discounter bietet nach eigenen Angaben zwar regionale Lebensmittel, doch – was bedeutet hier Regionalität? Profitieren Landwirte der Region (bis 30 km um den Markt) davon? Netto hat zwar eine eigene Biomarke, BioBio, doch von etwa 3.500 Artikeln im Sortiment sind nur 150 unter dem Label BioBio geführt. Die meisten Produkte sind also konventionell erzeugt. Getränke sind nicht in Glasflaschen, sondern in Plastik. Auch Joghurt ist, weil’s billiger ist, in Plastikbehältern verpackt, nicht in Glas. Ich für meinen Teil hätte mir gewünscht, wenn schon neues Land platt gemacht wird, dass hier ein Bioladen oder ein Verpackungsfrei-Laden entsteht, etwas zukunftsweisendes eben. Wie sollen mehr Landwirte umsteigen auf Bio, wenn wir weiterhin Läden mit konventionellen Lebensmitteln ansiedeln? Bioläden oder Verpackungsfreie Läden sind in der unmittelbaren Umgebung gar keine zu finden. Die nächsten nur per Auto zu erreichen. Discounter und normale Supermärkte gibt es in den Nachbarorten von Pörnbach zuhauf.

 

Wieso ist mir so wichtig, nachhaltige Läden anzusiedeln? Ich möchte, dass die Region gestärkt wird und Initiativen wie Verpackungsfreie und Bio-Läden gestärkt werden. Netto und Co. drücken inzwischen mit ihren eigenen Biomarken stark auf den Preis, was es erneut den nachhaltig(er) wirtschaftenden Betrieben schwer macht, vernünftig und im Sinne der Artenvielfalt zu wirtschaften und davon zu leben. Wir alle kennen das riesige Problem mit Plastik in unseren Meeren und viele möchten es inzwischen vermeiden. Die Lebensmittel bei Netto kommen auch nicht aus der Region, sondern werden jeden Tag per LKW von weit her geliefert. Zuvor waren sie vielleicht auf einem Schiff oder im Flugzeug. So kann es nicht weitergehen!

 

Doch in Pörnbach machen wir so weiter, als gäbe es keinen Klimawandel, kein Artensterben, kein Höfesterben und auch sonst nichts, was unseren verschwenderischen Lebensstil in Frage stellen könnte. Und vor allem tun wir weiterhin so, als hätten wir keinen Anteil daran. Wieso?

Es sitzen viele Menschen im Gemeinderat. Schlaue Menschen, möchte ich meinen. Ein Rat, von dem man sich erwartet, er würde an morgen denken. Nicht wenige der Mitglieder haben eigene Kinder. Diese Kinder möchten in Zukunft in einer lebenswerten Landschaft wohnen.

 

Doch das, was wir tun, fördert den CO2-Ausstoß, anstelle ihn zu verringern. Wie versiegeln wertvolle Lebensräume – unwiederbringlich. Eine rein ökonomische Betrachtung reicht heute als Begründung für das eigene Handlungen, aus meiner Sicht, nicht mehr aus. Doch es ist ja nicht nur kürzlich ein riesiges Gewerbegebiet entstanden, welches intakte Natur zerstört hat und noch viel größer hätte werden sollen, wäre es nach dem Willen einiger im Rat gegangen. Auch wurde Lichtverschmutzung als weiteres, bekanntes und riesiges Problem nicht verringert, sondern erhöht – nicht allein durch das Gewerbegebiet.

 

Pörnbach baut extra eine Straßenbeleuchtung ins Nirgendwo bei Raitbach, weil dort einige Male am Tag ein Bus hält. Gut, wenn es dunkel ist und Schulkinder dort auf den Bus warten, ist eine Beleuchtung zeitgemäß, zweckgemäß und sicher sinnvoll und in Ordnung. Doch die Laternen schalten sich nachts nicht ab. Sie brennen die gesamte Nacht hindurch – dann, ohne Nutzen zu stiften. Das kostet Strom und unzähligen Nachtfaltern das Leben. Faltern, die Fledermäusen nicht mehr als Nahrungsquelle dienen. Man könnte und sollte die Beleuchtung daher zumindest in den Zeiten abschalten, an denen keine Kinder dort warten. Dies ist mit heutiger Technik sicher möglich.

 

Eigentlich müsste man heute umdenken. Neu denken und anders denken. Bis 2030 möchte die Bundesregierung Deutschland CO2-Neutral machen. In Anlehnung an die Forderungen der beiden oben zitierten Räte könnte sich Pörnbach Ziele stecken wie etwa:

  • Unternehmen die Positives zum Gemeinwohl (siehe GWÖ) beitragen können werden bevorzugt oder ausschließlich angesiedelt
  • Die Nutzung bestehender Flächen hat Vorrang vor der Versiegelung neuer Flächen
  • Für jeden neu versiegelten Quadratmeter muss ein anderer entsiegelt werden
  • Wir verdichten nach innen, anstatt in die Fläche zu bauen
  • Wir unterstützen nachhaltige Landwirtschaft vor Ort durch Möglichkeiten regionaler Vermarktung
  • Auf Dächern und nach Möglichkeit an Fassanden entstehen Lebensräume (z.B. extensive Dachbegrünung)

Die Liste ließe sich verlängern und man hätte einen Wertekatalog, mit dessen Hilfe so manch nachhaltige Entscheidung getroffen werden könnte.

 

Doch zurück zum Supermarkt. Die Bevölkerung hat sich lange eine Nahversorgung gewünscht. Selbstverständlich ist regionale Nahversorgung gut und würde dann auch zu einem solchen Zielsystem passen. Was nicht passt, ist dann ein Netto-Markt.

Doch wären andere Lösungen denkbar gewesen? Ein Gedankenexperiment: Wir haben eine Gärtnerei in Pörnbach, die zweimal die Woche ihr Gemüse am Wochenmarkt in der nächsten Stadt, Pfaffenhofen a. d. Ilm, anbietet. Diese Gärtnerei wäre in der Lage, einen Teil des Gemüses zu liefern, das für die Versorgung der Bevölkerung vor Ort notwendig wäre. Durch die Gewächshäuser welche die Gärtnerei betreibt, wäre dies auch im Winter möglich und es kann ja auf Zusatzlieferungen zurückgegriffen werden, wenn es unbedingt sein muss. Punktuell, vielleicht nicht jeden Tag!

 

Landwirte stellen aktuell grüne Kreuze auf die Felder. Sie weisen damit darauf hin, dass sie dem Konkurrenzdruck nicht mehr gewachsen sind. Viele können nicht mehr überleben. Niemand kauft ihnen ihre Produkte ab. Werden sie zukünftig durch das Gewerbegebiet in Pörnbach gestärkt? Werden sie den Netto beliefern? Einige (Bio-)Landwirte hätte sicher nichts dagegen, ihre Lebensmittel regional loszuwerden. Wer hat unsere ansässigen Landwirte gefragt, ob jemand Interesse hat? Würde dies nicht das Miteinander stärken, wie es sich die Gemeinderäte selbst in Ihren Leitsprüchen auf die Fahne schreiben?!

 

Das ist aber nicht der Fall. Dadurch, dass wir einen weiteren Netto bauen, dessen einziger USP der Preis ist, tragen wir einmal mehr mit dazu bei, dass sich die Preisspirale weiter nach unten dreht. Alle Erzeuger und Zulieferer von Netto müssen es möglich machen, dass die Preise dort so günstig sind. Sie müssen entweder wachsen – auf Kosten der Natur und ihrer eigenen Gesundheit – oder sie überleben nicht. Dann werden Produkte aus dem Ausland geholt, was hohen Transportaufwand und CO2 bedeutet. Unter diesem Betrachtungsaspekt ist eine Zulieferung des Nettomarktes durch regionale Erzeuger vermutlich weder möglich, noch wünschenswert.

Und schauen wir unsere kleinen, lokalen Entscheidungen doch mal global an: Es regnet immer weniger, die Sommer werden heißer und die Menschen sagen: “Ja, aber wir können doch die Welt nicht verändern!” Im selben Moment beweisen sie mit ihren Beschlüssen im Gemeinderat genau das Gegenteil! Sie verändern ein kleines Stück der Welt – aber leider – in die verkehrte Richtung.

 

Man hätte genauso gut, wie man ein Gewerbegebiet der aktuellen Art geschaffen hat, mit Netto und Co., regionale Versorgungssouveränität durch regionale Produkte in einem Laden mit nachhaltiger, regionaler Beschaffung sicherstellen und damit die Region stärken können! Wer unbedingt meint, kann in acht Minuten per Auto zum nächsten Netto in den Nachbarort Reichertshofen fahren oder in zehn Minuten zum Netto in einen anderen Nachbarort, Langenbruck. Auch dort entsteht in Kürze ein Netto, gleich neben McDonalds und BURGER KING. Zwei weitere Unternehmen, die absolut nicht zukunftsweisend sind. Solche Bauvorhaben dürften heutzutage überhaupt nicht mehr genehmigungsfähig sein, wenn man es ernst meint, mit der lebenswerten Zukunft!

 

Und ich frage mich, was macht man mit all den Einnahmen aus der Gewerbesteuer? Weitere Infrastruktur schaffen und weitere Menschen ansiedeln, also das endlose Wachstum auf einem endlichen Planten vorantreiben?

Jemand aus dem Pörnbacher Gemeinderat sagte neulich zu mir: “David, wenn die Unternehmen nicht hier bauen, bauen sie halt anderswo.” Ja! Bitteschön! Sollen sie doch! Irgendwo muss ja mal jemand anfangen, nein zu sagen!

 

Wir alle wünschen uns Natur, während wir sie zerstören. Wir alle wünschen uns eine faire, enkelgerechte Zukunft. Wir wünschen uns, wir könnten den Klimawandel bekämpfen. Ja, das können wir – wenn wir heute innovative Konzepte planen und umsetzen.

Wir können Bebauung nach Innen fördern, wir können in die Höhe statt in die Fläche bauen. Jeder kann zumindest bei sich im Garten einen gewissen Teil an Zusatzversorgung betreiben. Gleichzeitig kann jeder an einigen Konsumartikeln sparen, die in Summe gar nicht mehr Freude, sondern mehr Stress bedeuten.

 

Baugebiete die ausgewiesen werden können zur Vorschrift eine naturnahe Gartengestaltung haben, Gründächer und Fassandenbegrünung können gefördert werden. Das neue Rathaus kann es vormachen. Wieso nicht? Der Landkreis pflanzt jedes Jahr 100 Bäume. Jede Gemeinde kann sich von sich aus anschließen! 

 

Die Städte und Ortschaften von morgen müssen und werden grüner sein. Sie müssen Lebensräume schaffen, anstatt sie zu nehmen. Bäume und Pflanzen schaffen Abkühlung. Großflächig gepflanzte Wälder schaffen sogar Niederschlag. Das ist es, was wir in Zukunft dringend brauchen!

 

Dann würden Diskussionen der Vergangenheit angehören, die ich heute noch mit unsrem Herrn Bürgermeister führen muss. Er behauptet, dass ein paar Bäume, die wegen eines Neubaugebietes gefällt werden, nicht nachgepflanzt werden könnten, weil man ja die Ausgaben kaum rechtfertigen könne. Lieber Herr Bergwinkel, das, was in Punkto Flächenversiegelung in Pörnbach derzeit passiert, das kann man vor der Generation von morgen nicht rechtfertigen! Eine Baumpflanzung oder Renaturierung braucht in der heutigen Zeit keine Rechtfertigung, es ist eine schlichte Notwendigkeit.

 

In Pörnbach gibt es aber auch positive Beispiele von Entwicklung. Einige Flächen werden seit dem letzten Jahr naturnah gestaltet, einige im Gemeindebesitz befindlichen Wiesen gemäht, auf dass zukünftig mehr blüht.

 

Das Ortszentrum soll belebt werden. Im Traditionsgasthof "Zur Post" soll ein Lebensmittelladen einziehen, Gemeinderäume entstehen, und Weiteres. Der Lebensmittelladen im Erdgeschoss des Gebäudes soll mit Produkten aus der Region versorgt werden. Die Ideen wären also schon da! Wir kommen also von einem “wir könnten” zu einem tatsächlichen Tun! Ein positives Beispiel! 

 

Doch nun soll der Laden im Postgebäude mit dem Netto-Marken-Discount zwei Minuten weiter konkurrieren? Das Speiselokal Gasthof "Zur Post" konkurriert mit dem etwa Minute entfernten liegenden "Gasthof Bogenrieder", welcher exzellent ist? Wäre es nicht eine Idee gewesen, ein Konzept zu erdenken, das keine Konkurrenz schafft, sondern im Sinne der Zukunftsfähigkeit auf Kooperation setzt? Ich bin zuversichtlich, dass es hier noch bessere Ideen geben könnte und in Zukunft geben wird. Diese Zuversicht schöpfe ich durch einigen Gesprächen der aktuell im Gemeinderat tätigen Menschen.

 

Ich wünsche mir von meiner Gemeinde und allen Gemeinderäten für die Zukunft noch mehr Weitsicht. Weitere Projekte wie Dachbegrünungen und Baumpflanzungen, Renaturierung und Entsiegelung. Ich wünsche mir enkeltaugliche Planung, statt Garagenparks und Firmengebäude auf ehemalig wertvollen Wiesen. Ich wünsche mir eine Nutzung derzeit toter, leerer Flächen im Ort. Diese naturnah umzugestalten, vorrangig, und nur im alleräußersten Notfall ein Bau nach außen, der dann wohl überlegt sein soll hinsichtlich Einnahmen und Klima-Impact!

 

Ich gehe sogar soweit, an den Gemeinderat zu appellieren, den Discounter abzusägen und sich um eine wirklich nachhaltige Nahversorgung zu bemühen! Des Weiteren wünsche ich mir als Bürger, der noch einiges vom Klimawandel erleben wird, dass jegliche weitere Versiegelung nach außen unterbleibt und man mit dem wirtschaftet, was man aktuell hat. Das Gewerbegebiet ist für Pörnbach und seine Ortsteile groß genug! Für weitere Einnahmen und Finanzierungen sind kreative Lösungen gefragt! Ideen von morgen, nicht aus den 70ern entlehnt.

 

Damit die Kinder derer, die sich eine lebenswerte Zukunft wünschen ihre Kinder nicht in eine neu sanierte Schule schicken, die auf Kosten der Umwelt und Zukunft saniert wurde. Ich wünsche mir, dass diese Kinder aus dem Fenster in dem Klassenzimmer schauen, wo ich einst saß und ebenfalls durch das Fernrohr den Storch beobachten können – und seine Jungen, wenn er für sie auf den verbleibenden Flächen um Pörnbach noch genug Nahrung findet, was viele Wiesenbrüter heute bereits nicht mehr tun. Ich wünsche mir Projekte, welche die Wiesenbrüter meiner Kindheit zurück bringen. Eine naturnahe Bewirtschaftung durch unsere Landwirte würde dies vielleicht sogar ermöglichen, wenn wir aufhören, weitere Flächen zu verbauen und anfangen, verbaute Fläche der Natur zurück zu geben.

 

Und wer weiss, ob der Kamin der still gelegten Brauerei, auf dem der Storch heute sitzt, nach den aktuellsten Plänen bald abgerissen wird oder ob hier das Umdenken anfängt und dieser bleibt. Lasst uns etwas tun, auf das wir stolz sein können – für ein nachhaltigeres 2020.

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