Wieso ich das Volksbegehren "Artenvielfalt" unterstütze

von David Seifert


Kurzfassung und Nachtrag vom 1. Februar 2019

1. Februar 2019: Das Volksbegehren hat begonnen. Und es haben sich bereits viele viele Menschen für die Rettung unserer Natur ausgesprochen. Aber es gibt auch Gegenwind. Ich möchte versuchen, diesen Gegenwind einzuordnen, für alle, die noch zweifeln, ob sie das Volksbegehren unterzeichnen wollen oder nicht. 

 

Der Gegenwind des Volksbegehrens kommt von der Spitze des Bauernverbands und die sind ganz eng mit den Chemiekonzernen (Bayer und Co.). Die Angst um die Bauern ist in diesem Falle nicht berechtigt, im Gegenteil sogar! Es geht nicht darum, einen Sündenbock zu finden, sondern die ökologische Landwirtschaft und kleinbäuerliche Strukturen zu stärken. Wer etwas anderes behauptet, hat den Gesetzvorschlag nicht gelesen.

 

Die Quoten, die im Volksbegehren für ökologische Landwirtschaft gefordert sind, sind ohnehin sehr gering! Bis 2030 30%. Naturschützer hätten dies weit höher ansetzen und dass die Biolebensmittel in Deutschland nicht gefordert werden von Verbrauchern, ist quatsch. Das ist wissenschaftlich belegt. Viele Ökoprodukte werden aus Österreich importiert. Zudem könnten die 70% der Subventionen die Landwirte heute bereits bekommen, um überhaupt wirtschaftlich arbeiten zu können auch in Ökolandbau fließen. Heute wird Bayer damit finanziert!

 

Das ist nicht die richtige Entwicklung aus meiner Sicht, sondern diese schadet den Bauern! Wenn immer größere Betriebe finanziert werden, die Milchkühe halten, die nur mit Superzuchtgras das gedüngt 5 mal pro Jahr gemäht wird, gefüttert werden können, damit sie X Liter Milch am Tag geben, die dann als Milchpulver nach China geht, ist das krank aus meiner Sicht! Deutsche Bauern sollten nicht für billig Geld für's Ausland auf Kosten der Natur produzieren, sondern fürs Inland, nachhaltig!

Und denken wir das Wachstumspiel, das Bauern tatsächlich seit 30 Jahren massiv schadet weiter. Die Bauern, die nicht mehr mitwachsen können oder wollen, haben aufgegeben und die, die es in den nächsten Jahren nicht mehr schaffen, werden von Bayer irgendwann geschluckt. Wenn es endlich selbstfahrende Traktoren gibt, braucht es keine Bauern mehr. Daher muss sich was tun! Das Volksbegehren ist ein erster längst überfälliger Schritt, denn um die Natur steht es aktuell extrem schlecht. In 5 Jahren wird es keine Insekten in der Fläche mehr geben! Auch das ist belegt!

 

Es ist so wichtig, dass sich was tut. Es geht jetzt um einen ÄnderungsVORSCHLAG für das Gesetz. Die CDU wird sicher einen Gegenvorschlag machen. Aber um ne Chance zu haben müssen wir jetzt erstmal das Begehren durchbekommen! Also, los geht's! Zeichen setzen!


Langfassung vom 24. November 2018

Ich lebe in Bayern und bin besorgt um um die Vielfalt unserer bayerischen Heimat. Nicht nur, dass ich es genieße, in einer vielfältigen, bunten Landschaft mit intakter Natur zu wandern – gibt es doch so viel zu entdecken. Es ist auch für unser aller Überleben notwendig, dass unser Ökosystem im Gleichgewicht bleibt – nicht nur in Bayern. 

Mais-Monokultur auf riesigen Flächen

Von der Vielfalt zu ausgeräumten Landschaften – die Entstehung unserer "Normallandschaft"

Viele unserer wertvollen, einheimischen Blühpflanzen wachsen nur auf nährstoffarmen Böden. Die mageren Böden haben sich bereits vor tausenden von Jahren in Europa entwickelt, noch vor der letzten Eiszeit. Die natürliche Vegetation in Deutschland ist Wald. So auch damals Biber fällten Bäume, Mammuts und anderen großen Grasfressern fraßen alles weg, was aufwuchs. So entstanden magere Böden und erste Blumen kamen von anderen Ländern der Erde auch nach Deutschland. Die Vielfalt entstand, Insekten wanderten zunächst ein und veränderten sich dann mit der Evolution über viele tausende von Jahren, bis zur großen Eiszeit.

 

Das Leben kehrte nach der Eiszeit zurück und Bauern führten das fort, was sich über viele tausende von Jahren entwickelt hatte. Sie trieben Ziegen, Schafe, Rinder und Pferde auf die Weiden. So blieben die Böden mager. Ohne das Zutun von Menschen wäre die Vielfalt in der Form, wie sie bis vor etwa 200 Jahren herrschte also nicht denkbar gewesen. Studien belegen sogar, dass durch das Zutun des Menschen die Vielfalt hierzulande gesteigert wurde. Bis Ende des 2. Weltkriegs um 1950 trugen wir Menschen zur Vermehrung der Vielfalt bei. Bauern hielten durch ihr Vieh Böden mager. Wiesen wurde nicht gedüngt und so konnte nur ein bis zwei mal pro Jahr gemäht werden.

 

Alle Vögel die in Wiesen brüten, hatten genug Zeit, ihre Jungen groß zu ziehen. Blumen kamen zur Blüte, entwickelten Samen und konnten sich erhalten und Nektar und Pollen für unsere mehr als 500 einheimischen Wildbienenarten spenden. Durch das Mähen zu völlig unterschiedlichen Zeiten, blieb immer etwas stehen, sogar im Winter. So konnten sich Vögel von Samen ernähren und Insekten in den Stängeln von Pflanzen überwintern. Diese vom Menschen geschaffene Landschaft mit abwechslungsreich bewirtschafteten Strukturen und Brachflächen nannte man "Kulturlandschaft".

 

Heute, nach der Erfindung des Kunstdüngers und der Möglichkeit der Massentierhaltung ist es uns möglich geworden, Böden maßiv aufzudüngen und alles zu entfernen, was nicht unmittelbar verwertet werden kann. Die Industriealisierung und der Wachstumswahn haben auch in der Bewirtschaftung unserer Flächen massive Auswirkungen. Wertvolle Pflanzen für einheimische Insekten verschwinden dadurch. Sie werden Opfer von gezüchteten Gräsern, welche unseren hochproduktiven Rindern die nötige Energie liefern. Spätestens Anfang Juni werden alle Wiesen innerhalb von zwei Wochen das erste Mal im gesamten Land zur gleichen Zeit abgeräumt. Millionen unserer Wildbienen verhungern, unsere Imker beginnen, ihre Bienenvölker zu füttern. Im Winter steht kein Feld mit den Früchten des Sommers, die Vögeln, Feldhamstern, Mäusen und anderen Tieren im Winter Futter bieten und ihr Überleben sichern.

 

Wenn wir durch unsere Landschaft fahren, sehen wir dort nur, was dem Profit dient. Wenn wir heute in die Landschaft blicken, ist meist alles leer und aufgeräumt. Wo es grünt, da wächst durch massive Düngung oder das Mulchen (=Mähgut nach der Mahd liegen lassen, führt ebenfalls zu Düngung) nur noch Gras, das Blühpflanzen keine Chance lässt. Getreide steht auf unseren Feldern heute so eng, dass keine Ackerwildkräuter und Wildblumen mehr Platz finden. Und würden Sie Platz finden, dann würden sie mit Herbiziden bekämpft. Wir haben Monokulturen geschaffen, in denen kein Insekt mehr Nahrung findet, keine Blume mehr zur Samenreife kommen kann. Mehr noch, wir haben ökologische Systeme geschaffen, die nur noch künstlich aufrecht erhalten werden können, da sie nicht mehr im Gleichgewicht sind. Aufgrund monotoner, sehr großer Strukturen nennen viele die Landschaft heute nicht mehr "Kulturlandschaft", sondern "Normallandschaft". Wobei, wenn man bedenkt, wie wichtig das Gleichgewicht unseres Ökosystems für unser aller Überleben ist, sollte man diese Landschaft vielerorts eher als "Totlandschaft" bezeichnen.

Was hat sich in den letzten 50 Jahren verändert?

 

Was wir durch den Eingriff in unsere Landschaft zur Steigerung der Produktivität unserer Äcker und Wiesen übersehen, sind wichtige Faktoren die für ein Gleichgewicht und ein langfristig ertragreiches, sich selbst erhaltendes System wichtig sind. Zum Beispiel kommt in der Natur jede Pflanze in Gemeinschaft mit anderen Pflanzen vor. Man nennt dies "Pflanzengemeinschaften". Viele Insekten haben sich im laufe der Jahrtausende auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. So entsteht eine Gemeinschaft. Weder die Pflanze, noch das Insekt können ohne einander überleben. Pflanzen brauchen sich also gegenseitig und viele Pflanzen brauchen auch bestimmte Insekten und umgekehrt. Fehlt eine Pflanze oder ein bestimmte Insekt, ist das gesamte Gleichgewicht der Natur in Gefahr. Der Einsatz von Pestiziden und Herbiziden hat also massive Auswirkungen auf unser natürliches Gleichgewicht in der Natur.

 

Viele unserer Ackerwildkräuter und Blumen sind einjährig. Das heißt, sie müssen im Jahresverlauf bestäubt werden und Samen bilden, um im Folgejahr erneut wachsen zu können. Bei zu häufiger Mahd ist dies nicht mehr möglich. Wiesen werden heute meist gedüngt, um bis zu 8! mal pro Jahr gemäht werden zu können. Die Landschaft verarmt dadurch. Gras-Monokulturen sind die Folge. Dort ist es zwar grün, es blüht aber nichts mehr, was Insekten Nahrung bieten würde. Hilfreich für viele Insekten wäre eine Mahd ein bis zwei mal, maximal drei mal pro Jahr, am besten abschnittsweise, damit immer irgendwo etwas blüht.

 

Mit jeder Pflanze die in unserer Landschaft verschwindet, verschwindet eine Insektengattung. Insekten stehen am Beginn unserer Nahrungskette. Ohne Insekten fehlt unsere Amphibien, Säugetieren und Vögeln nötige Nahrung. Damit gerät das Gleichgewicht zwischen sog. Schädlingen und Nützlingen außer Kontrolle. Als Schädlinge werden die Insekten bezeichnet, die sich von Pflanzen ernähren, die wir zum Verzehr kultiviert haben. Nützlinge nennt man die Tiere, welche sich von den sog. "Schädlingen" ernähren. Leider treffen wir auf unseren Agrarflächen immer seltener auf Nützlinge, da ihnen wichtige Lebensäume und Nahrung fehlt. Für viele Insekten sind Blumen, "(Un)"Kräuter, Totholz, Steinhaufen oder Laubhaufen überlebenswichtig. Doch genau das sind Dinge, die wir nur all zu gerne aufräumen.


"Eine Veränderung ist überlebenswichtig."


Seit den 1980er Jahren haben wir knapp 80% der Insektenmasse verloren und dabei sind viele Arten ganz ausgestorben. Insekten sind für viele Vögel, Fledermäuse und viele andere einheimische Lebewesen als Nahrung unersetzlich. Ist ein Insekt erst einmal ausgestorben, kann es nicht einfach wieder gebracht werden, es ist verloren. Verlieren wir zu viele Insekten, wird unser Ökosystem so instabil, dass es womöglich zusammenbricht. Interessant dabei ist, dass wir vor dieser Gefahr erst seit kurzem stehen und wir können viel dazu tun, es wieder zu verändern. Vor der Flurbereinigung in den 1970er Jahren waren artenreiche Strukturen und kleinere Felder normal. Die Feldstücke waren durch Heckenstrukturen voneinander getrennt. Es wurde sich nicht die Mühe gemacht, jeden abgestorbenen Baum zu entfernen. Die Wiesen wurden noch nicht gedüngt, nur Äcker. Damit gab es viele Wiesen mit Blumen, die wertvollen Nektar und Pollen spendeten. Pestizide wurden nicht gebraucht, da sich Schädlinge und Nützlinge automatisch im Gleichgewicht hielten.

 

Auch heute würden Landwirte und Verbraucher von einem nachhaltigen Wirtschaften mit geschlossenen, stabilen Kreisläufen und einem Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen profitieren. Institute wie "Weihenstephan" zeigen in Forschungen, dass bereits Blühsteifen zwischen Feldern einen sehr positiven Effekt auf die Artenvielfalt und das Gleichgewicht zwischen Schädlingen und Nützlingen haben. Programme wie "Plan B" (https://www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-ackern-fuer-die-zukunft-102.html), welche nach Permakultur-Standards wirtschaften zeigen, dass eine Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit der Natur für gleich hohe Erträge sorgen kann, wie die heutige, industrielle Landwirtschaft. Alleine für die chemische Industrie besteht kein Grund zu handeln. Sie verkauft den Bauern ihre Produkte gut. Lassen sich die heutigen Agrarwüsten doch nur noch so bewirtschaften. Würde man die Pestizide weg lassen, könnte es schnell passieren, dass sich Schädlinge ausbreiten – klar, es gibt ja auch keine Nützlinge auf den riesigen Monokultur-Flächen, wo denn auch? Wenn es so weiter geht, ist eine Landwirtschaft ohne die großen Chemie-Riesen undenkbar, da es bald keine Nützlinge mehr gibt. Vermutlich stehen Pläne für Wanderimker, welche mit ihren Bienen von Gemeinde zu Gemeinde ziehen schon auf dem Plan für zukünftige Einnahmen und die Politik und der Bauernverband verdienen mit oder sind unter Druck, da sie die Macht gegenüber riesiger Konzerne verloren haben.

 

Ich habe Angst vor einer Landschaft, die nur noch künstlich soweit am Leben gehalten wird, dass sie vielleicht noch im Stande ist, unsere genormten Lebensmittel zu produzieren aber jeglichen landschaftlichen Reiz verloren hat. Unsere Landwirtschaft hängt am Tropf und unsere Natur ist im Begriff zu sterben. Der sog "stumme Frühling" steht vor der Türe. Gibt es keine Insekten mehr hierzulande, keine Schmetterlinge die tanzen und keine Bienen die summen, singen auch keine Vögel mehr im Frühling und Sommer. Es ist daher höchste Zeit, unser ökologisches Gleichgewicht zu stärken und unseren Bauern zu helfen, sich aus der Abhängigkeit multinational agierender Konzerne zu befreien.

 


"Gibt es keine Insekten mehr hierzulande, keine Schmetterlinge die tanzen und keine Bienen die summen, singen auch keine Vögel mehr im Frühling und Sommer."


Was wird dann aus unseren Bauern, wenn extensivere Bewirtschaftung nötig ist, für ein stabiles Ökosystem?

 

Man könnte nun denken, wenn man sich beim Volksentscheid für eine nachhaltige Landwirtschaft mit einem Gleichgewicht von Nützlingen und Schädlingen und voller bunter Wiesen und strukturreicher Landschaften wie in alten Zeiten ausspricht, würde man den Bauern schaden. In Wirklichkeit ist genau das Gegenteil der Fall. Die meisten Kleinbauern mussten in den letzten 30 Jahren ihren Betrieb aufgeben, da sie dem Wettbewerb nicht gewachsen waren. Wenn es so weiter geht, sind die Bauern und damit wir alle bald abhängig von Konzernen, welche die Natur künstlich fruchtbar halten, etwa durch künstliche Bestäubung, anstelle dass wir es der Natur selbst überlassen, wie seit Millionen von Jahren. Dies würde sich auch massiv auf die Preise unserer Lebensmittel auswirken und diese verteuern. Ein Umdenken ist also nicht schädlich, sondern eigentlich alternativlos, wenn wir autonom bleiben und uns nicht in die dauerhafte Abhängigkeit begeben wollen.

 

Wer sich für das Volksbegehren ausspricht, hilft also den noch verbleibenden kleinen Bauern, wieder wettbewerbsfähig zu sein und vielleicht neuen, kleinen Betrieben, in den Mark zu kommen. 

 

Man könnte auch denken, wenn man sich für mehr Natur in unserer Landschaft ausspricht, könnten wir den Hunger in der Welt nicht stillen, bei einem Wachstum der Bevölkerung. Auch dies ist nicht richtig. Aktuell importieren wir Lebensmittel, weil dies günstiger ist, als sie hier zu produzieren. Gleichzeitig exportieren wir Lebensmittel, weil andere Länder wie etwa China unsere Qualität schätzen. Beides setzt viel Co2 frei und schadet unserem Klima, das langfristig ebenfalls zu kippen droht. Und beides ist unnötig. Wir schädigen durch diese Praxis unseren inländischen Markt, der mit Billigländern mithalten soll und die Märkte in anderen Ländern ebenfalls, da dort zum Teil keine Landwirtschaft für die Menschen vor Ort aufgebaut werden kann. Zudem wird Nutztieren beim Transport zum günstigen Schlachter im Ausland viel Leid angetan und noch mehr den wild lebenden Tieren, die etwa durch Pestizide langsam und qualvoll sterben.

 

Wäre die Landwirtschaft nachhaltig, hätte dies also Vorteile für alle. Der Markt würde zu angemessenen Preisen finden und wir zu einem nachhaltigen, gesünderen Konsum, der alle satt macht. Wenn man bedenkt, dass wir hierzulande für einen Liter Benzin etwa 50% mehr Geld ausgeben müssen, als für einen Liter Milch, zeigt dies für mich deutlich, dass unsere Bauern nicht genügend Geld für Ihre Arbeit bekommen können, so, wie wir unseren Konsum im Moment leben. Und dabei könnten wir weit gesündere Lebensmittel genießen, die von Landwirten produziert werden, welche fair bezahlt werden und unabhängiger wirtschaften könnten.

 

Damit sich Landwirtschaft bei uns rechnet, bezuschusst jeder Bürger unsere Landwirtschaft mit jährlich 114,– €. Deutschland kann sich also nur durch sehr hohe Subventionen überhaupt leisten, ein Agrar-Exportland zu sein – wie oben bereits geschildert – jedoch zum Nachteil der meisten Beteiligten, abgesehen von Konzernen, einigen Funktionären und Spekulanten an der Börse.

 

Ich möchte eine nachhaltige, ökologische Landwirtschaft unterstützen, welche Vielfalt fördert, artenreiche und schöne Landschaften erschafft uns uns dauerhaft stabil mit gesunden Lebensmitteln versorgt. Daher unterstütze ich das Volksbegehren "Artenvielfalt"!


"Damit sich LAndwirtschaft bei uns rechnet, bezuschusst jeder bürger unsere Landwirte mit jährlich 114,– €."


Jenseits der Landwirtschaft

Das Volksbegehren hat jedoch nicht nur eine Veränderung der Landwirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit zum Ziel. Die gesamten Strukturen in unserer Landschaft sind mehr und mehr dem Profit oder der Sparsamkeit zum Opfer gefallen. Was man auf öffentlichen Flächen an Gehölzen fällen und ausschneiden kann, wandert in Biogasanlagen. Einzeln stehende Bäume verschwinden nach und nach aus unserer Landschaft. Totholz in der Fläche wird so zur Mangelware. Dabei brauchen 40% unserer einheimischen Bienen Totholz zum Nisten. Die restlichen 60% nisten in Löchern im Boden oder in sandigen Steilhängen. Gelbbauchunken, Kreuzkröten und Wechselkröten etwa sind auf saubere Gewässer die immer wieder neu entstehen angewiesen, wie dies bei natürlichen, sauberen Flussläufen der Fall ist. Eine Renaturierung unserer begradigten Flüsse ist daher notwendig – und mal ganz ehrlich – ist es nicht einfach schön, wenn ein Fluss natürlich fließt und man ihn bei einem Spaziergang genießen kann?

 

Viele Gemeinden versuchen ihre Flächen heute möglichst kostengünstig zu pflegen. Dabei ist häufig der Einsatz von Maschinen unumgänglich. Die Pflege wird nicht im Sinne der Natur betrieben, sondern ist häufig schädlich. Hecken werden maschinell falsch geschnitten oder gar komplett entfernt. Laubhaufen und Totholz wird im Jahresverlauf, spätestens im Herbst beseitigt, damit alles ordentlich aussieht. Dabei brauchen Igel, Schmetterlinge und andere Tiere diese Strukturen, um zu überwintern.
 

Wegränder werden mit einem Mulchmäher bearbeitet. Das geht schnell und kostet am wenigsten, führt jedoch zum Sterben aller Lebewesen, die sich zum Zeitpunkt der Mahd auf der Fläche befinden und zum Eintrag von Stickstoff durch das verrottende Mähgut. Damit finden sich auf diesen Flächen keinerlei wild lebender Tiere mehr und es wächst bald auch nur noch Gras, da die Böden mit jeder Mahd mehr Nährstoffe bekommen. Würden diese Flächen gemäht und das Mähgut abtransportiert, blieben die Böden magerer und es würden mehr Blumen blühen.

 

Ausgleichsflächen und Naturschutzgebiete werden zum Teil nur mangelnd kontrolliert und gepflegt und können so nicht zum Erhalt unserer Artenvielfalt beitragen. Eine Verbesserung der Gesetzgebung und ein Signal der Bevölkerung an zuständige Behörden könnte hier helfen, damit auch Bayern seinen Verpflichtungen nachkommt, etwa im sog. "grünen Band" zwischen Bayern und Tschechien.

 

Unsere Natur sollte es uns Wert sein, gepflegt zu werden. Unsere Bayerische Heimat könnte – auch jenseits der Toursitenattraktionen – schöner, bunter und Vielfältiger sein und sich für einen Ausflug oder Urlaub eignen. Bei uns heimische Insekten, Amphibien, Vögel und Säugetiere wie etwa der Igel würden in Hecken mit Totholz und Laub wieder Unterschlupf für den Winter finden oder Nahrung auf artenreichen, strukturreichen Wiesen und Weiden. Und wir Menschen?

 

Studien belegen, dass Menschen in intakter Natur zu Ausgeglichenheit und Ruhe finden. Aufgrund zunehmender Hektik und Stress in der heutigen Zeit wäre es also eine gute Idee, mehr für intakte Natur direkt vor unserer Haustüre zu tun. Damit ist das Volksbegehren ein Anstoß für eine neue Kulturlandschaft von morgen.


Die Kulturlandschaft von morgen

Wir können es schaffen, durch das Volksbegehren "Artenvielfalt" unsere Landschaft dahingehend zu verändern, dass sich nachhaltiges Wirtschaften in kleinen Strukturen und Naturschutz wieder lohnen. Bereits heute greifen viele Menschen zu Lebensmitteln mit strengen Öko- und Biosiegeln wie Demeter oder Bioland, da Ihnen der Naturschutz am Herzen liegt. Durch eine Förderung von ökologischer Landwirtschaft könnten die Kosten für nachhaltig produzierte Lebensmitteln sogar sinken, da das regionale Versorgungsnetz dichter würde.

 

Man stelle sich eine Landschaft vor, in der es wieder blüht. Schmetterlinge und Bienen summen, Frösche Quaken und man auf den Feldern neben Nutztieren wie Kühen, Schafen und Ziegen wieder Menschen sieht. An mein Grundstück angrenzend findet sich einer der Äcker des einzigen Biobetriebs in meinem knapp 800 Seelen-Ort. Dort erblicke ich heute Menschen ihre Arbeit verrichten, mit denen man ein paar Worte wechseln kann. Ich genieße es zu sehen, dass diese Menschen unsere Lebensmittel produzieren – ohne dabei unfair bezahlt zu werden. Sie verrichten Ihre Arbeit in Ruhe, ohne die Natur dabei zu zerstören – im Gegenteil, sie fördern sie sogar. Zwischen den Feldfrüchten leuchten rote Mohnblumen und blaue Kornblumen. Der Bauer mit dem ich spreche ist stolz, dass man seine Felder aus den anderen heraus kenne, wie er berichtet dadurch, dass "man auf meinen Feldern noch Wildblumen und Ackerwildkräuter blühen sehen kann". 

 

 


 

Ich stelle mir vor, wie schön es sein könnte, wenn keine anonyme Maschine, groß wie zwei LKW in fünf Minuten einen Maisacker abernten, sondern Menschen wie aus meinem Beispiel im Einklang mit der Natur, gesunde Lebensmittel herstellen und unsere neue Kulturlandschaft prägen und bereichern – mit ihrer täglich Hände Arbeit und einem fairen Lohn.

 

Ich stelle mir vor, wie schön es sein könnte und wie interessant, durch eine strukturreiche, blütenreiche und Tierreiche Landschaft zu wandern, anstelle durch Monokulturen zu radeln. Urlaub in Deutschland würde wieder Sinn ergeben.

 

Ich stelle mir vor, wie schön ein Picknick in echter Natur wird und zu wie viel mehr Lebensqualität es führt, wenn wir uns gemeinsam für den Erhalt unserer bayerischen Heimat aussprechen.

 

Aus diesen Gründen spreche ich mich für das Volksbegehren aus!

Euer, David Seifert

 

Sei auch du dabei, ab 31. Januar 2019!
Mehr Infos unter: https://volksbegehren-artenvielfalt.de


Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Elke (Dienstag, 25 Dezember 2018 20:13)

    Das, was wir täglich alle bereits spüren, wenn wir draußen unterwegs sind, ist hier sehr eindrücklich beschrieben. Bitte macht alle mit. Es geht uns alle an.