von Ulrike Aufderheide, veröffentlicht für den Naturgarten e. V. (www.naturgarten.org)
Einleitender Kommentar des Blog-Autors:
"Endlich! Naturnahe Gärten sind im Mainstream angekommen!" möchte man rufen, angesichts des steigenden Interesses an biodiversität-fördernden Gestaltungsmöglichkeiten von Flächen. Doch dabei kommen wir nicht umhin, uns auch mit Vorurteilen derer auseinander setzen zu müssen, die noch nicht tief in die Materie vorgedrungen sind. Ulrike Aufderheide tut dies mit gewohnter Präzision und Toleranz. Das Positionspapier findet ihr unten verlinkt.
Es ist nicht mehr nur eine Kategorie für Spinner und Ökos, der naturnahe Garten, sondern eine ernst zu nehmende Bewegung, die längst überfällig – und natürlich nach mehr als dreißig Jahren – auch in Deutschland nicht mehr Neu ist. Man ist daher verwundert, welche alten Vorurteile Naturgärten immer noch anhaften und welche neuen dazu kommen. Wer führt diese Argumente an und wozu?
Angesichts des dramatischen und scheinbar unaufhaltsamen Artenschwundes müssten naturnahe Anlagen Standard sein, wenn nicht sogar gesetzlich als Gestaltungsgrundsatz verankert werden – oder alleine deshalb zum Standard zählen, weil wir endlich Verantwortung und Sorge für unsere Umwelt und damit Lebensgrundlage übernehmen. Verstanden haben die meisten, worauf es ankommt. Der Trend hin zu und der Hype um naturnahe Gartengestaltung, der seit einigen Jahren vermehrt wahrzunehmen ist, drückt aus, dass vielen Menschen daran gelegen ist, dass endlich gehandelt wird!
Vielen Menschen liegt etwas daran, das Stückchen Land, über welches sie entscheiden können, nicht nur schön, sondern auch nützlich im Sinne der Biodiversität zu gestalten. Weit über die Grenzen des Gartens hinaus müsste dieses Verständnis und dieser Wunsch nach Verantwortung reichen – sicherlich. Es ist nur zu hoffen, dass diese Einsicht nicht zu spät kommt und wir auch in der Gestaltung unserer urbanen Räume und landwirtschaftlichen Nutzflächen bald, sehr bald, nachhaltigere Wege finden. Fläche nutzen und dabei Biodiversität fördern, zumindest nicht schädigen muss unser erklärtes Ziel sein, das uns Mühe und Geld wert ist.
Wer sich heute für einen naturnahen Garten, egal ob Spielgarten, Biodiversitätsgarten, Naturerlebnisraum, naturnahes Gewerbegrün, naturnahe Wohnanlage, etc. entscheidet, trägt Verantwortung. Darüber hinaus wird jede*r feststellen, wie viel Spannung und Spaß im Erleben natürlicher Dynamik und dem Beobachten des Treibens in naturnahen Lebensräumen steckt.
Nicht nur, dass ausgeräumte Landschaften für unser Auge und unser Wohlbefinden häufig wenig zu bieten haben, auch sind sie leer an Leben. Letztendlich geht es uns alle an. Längst wissen wir, dass der Verlust an Biodiversität unser Ökosystem bedroht. Konkret wird die Sauberkeit von Trinkwasser bedroht, wenn Dünger und Ackergifte das natürliche Gleichgewicht zerstören und damit Mikroorganismen versagen. Auch andere Ökosystemleistungen, die größer als Mikroorganismen und Pilze sind, wie Insekten, Amphibien, Vögel, Reptilien, Wirbeltiere, etc. tragen jeweils eine Verantwortung für die Reinhaltung und ökologischen Ordnung unserer Natur. Ob sie nun, wie unsere Weidetiere, Grünflächen abfressen und dafür sorgen, dass dort nicht nur Gräser sondern – in Zukunft vermutlich an Wert gewinnende – heilende Wildkräuter wachsen können. Oder, ob Insekten-Überpopulationen vorgebeugt wird, wie durch unsere Vögel, an deren Gesang wir uns natürlich ebenso erfreuen.
Der Wert gesunder Ökosysteme war nie wichtiger und bedeutender, als in einer Zeit des Klimawandels. Nur stabile Ökosysteme können damit fertig werden. In unseren Gärten freilich können wir nur einen verschwindend großen Beitrag dazu leisten. Doch der Wert der pädagogischen Erkenntnisse darf dabei nicht unterschätzt werden! Können wir doch allen Gästen, die dafür aufgeschlossen sind, über biologische und ökologische Zusammenhänge viel leichter berichten, als in einem Garten, der solche Zusammenhänge missachtet. Vielleicht entwickeln wir im Kleinen Lösungen, die uns im großen System behilflich sein können, schädigende Praktiken zu überwinden und hin zur Kreislaufwirtschaft zu gelangen.
Daher ist jeder Naturgarten, jede naturnahe Anlage, gerade an Schulen und Kindergärten, ein wichtiger Schritt für unsere Zukunft. Gerade aus diesem Grund müssen Argumente, die scheinbar gegen eine naturnahe Gestaltung sprechen, behandelt und besprochen werden. Hier also der Artikel, erschienen im Naturgarten e. V. unter: https://naturgarten.org/wissen/2021/06/15/zwoelf-vorurteile-ueber-natuernahe-gaerten/?fbclid=IwAR1QX3WkZY9AGMI2MTHP2ZR5eZS3jr_RrSrGiXx2d1QrQp6F8daz1pC-oXw.
Argumentationspapier „Zwölf Vorurteile über naturnahe Gärten“
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